Rechtspopulismus als Herausforderung

Populistische Bewegungen berufen sich auch auf religiöse Motive und Bindekräfte. Von christlicher wie von muslimischer Seite sind die Auswirkungen brisant. Was lässt sich dem entgegensetzen?


Von Nicolas Conrads

Populismus nimmt zu, gerade in der Krisenzeit von heute. Die Übergänge zwischen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus werden fließend. Dabei lassen sich Religionen nicht einfach als Gegenüber solcher Bewegungen verstehen. Im Gegenteil: Teilweise kommt Populismus aus religiösen Gemeinschaften selbst. Darüber hinaus bieten Christentum wie Islam Punkte, an denen gerade der Rechtspopulismus andocken kann, etwa ein kollektives Identitätsverständnis oder allfälliger Autoritarismus in den eigenen Reihen. Selbstkritische Reflexion ist nötig, nicht nur in den Amtsstrukturen der jeweiligen Religion, sondern auch in der theologischen Wissenschaft. Religionsgemeinschaften müssen ihre eigene Verfasstheit bedenken, um sich glaubwürdig für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte einsetzen zu können. Und: Es braucht eine profilierte politische Theologie. Dies umso mehr, als sich rechtspopulistische Bewegungen selbst religiös gefärbter Argumentationsfiguren bedienen sowie – mit Gesten und Ritualen – Gemeinschaften religiöser Art mimen.

Das sind einige der Thesen, die beim Herbstkolloquium des Theologischen Forums Christentum – Islam vorgetragen wurden. Das paritätisch von muslimischen und christlichen Teilnehmer:innen besuchte Forum Mitte November verstand sich als Fortsetzung und Vertiefung der Jahrestagung vom Frühjahr und richtete den Blick insbesondere auf die Praxis.

Ist Islamismus vielleicht auch eine „Spielart von Rechtspopulismus“? Bieten Gefühle des Ausgegrenztseins, sofern sie in der Gesellschaft nicht ausreichend wahrgenommen werden, unter Muslim:innen nicht auch Anknüpfungspunkte für Aufwertungsideologien und populistische Bewegungen? Und selbst wenn in Deutschland durch kirchliche und muslimische Initiativen viel erreicht werden konnte – reicht das Engagement der Religionsgemeinschaften schon aus? Braucht es nicht breitere interreligiöse Bündnisse, die für Gewaltfreiheit und Geschwisterlichkeit eintreten? Die Referate des Kolloquiums bewegten sich zwischen Optimismus, grundsätzlicher Infragestellung – und dem Appell an Christentum wie Islam, die blinden Flecken der eigenen Tradition aufzudecken, gerade in Hinblick auf die Präventionsarbeit und die Anfälligkeit für rechte Einstellungsmuster.


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