Neues Engagement für die Akademie
Der neue Vorstand des Fördervereins präsentiert sich inhaltlich und lädt namhafte Politikerinnen zur Bilanz über das Jubiläum 100 Jahre Frauenwahlrecht ein. Neue Köpfe auch im Kuratorium.
Das traditionelle Herbstfest der Akademie erlebte in diesem Jahr gleich zwei Premieren: Zum einen wurde es erstmals gemeinsam mit dem Verein der Freunde und Förderer der Akademie veranstaltet. Zum anderen konnten die Gäste erstmals Kunst aus der Akademie ersteigern. „Alt für neu“ lautete das Motto und dahinter steckte die Überlegung, dass neue Gemälde, die im Großen Saal zu sehen sind, mitfinanziert werden durch den Verkauf älterer Kunst aus dem Tagungshaus Weingarten der Akademie. Silke Gmeiner, der stellvertretenden Vorsitzenden des Kuratoriums, gelang es, fast alle ausgelobten Lithografien und Holzschnitte an den Mann und die Frau zu bringen.
Förderverein der Akademie mit neuer Vorsitzenden
Da sich der Förderverein dieses Jahr personell neu aufgestellt hat, präsentierte die neue Vorsitzende Dr. Melanie-Katharina Kraus sich und ihre Mitstreiter den Gästen. Die Offizialratsoberrätin ist promovierte Kirchenrechtlerin und leitet auch den Verband der kirchlichen Beamten. Dem neuen Vorstand gehören als stellvertretende Vorsitzende Ulrike Dimmler-Trumpp, die ehemalige Sozialdezernentin des Landkreises Tübingen, Stefan Bott von der Musikhochschule Mannheim, die frühere Landtagsabgeordnete Monika Bohrmann sowie der Volkswirt und Soziologe Dr. Hans Lutz an. Die neue Vorsitzende kündigte an, dass der Förderverein sich auch inhaltlich einbringen möchte in die Arbeit der Akademie; ein erster Beitrag dazu war auf dem Herbstfest eine Podiumsdiskussion mit namhaften Politikerinnen unter Leitung der Fortbildungsreferentin der Diözese, Dr. Claudia Hofrichter. Es galt Bilanz zu ziehen über das Jubiläum 100 Jahre Frauenwahlrecht.
100 Jahre Frauenwahlrecht – aber noch lange nicht am Ziel
Die Stuttgarter Bildungsbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) betonte, das Frauenwahlrecht sei ein entscheidender Schritt nicht nur für die Frauen, sondern auch für die Demokratie gewesen. Die Teilhabe der Frauen bleibe wichtig und unverzichtbar; weil es um mehr als die Hälfte der Gesellschaft gehe. Die SPD-Europaabgeordnete Evelyne Gebhardt betonte, dass die Diskussion über die gläserne Decke, die vielen Frauen den Weg in Spitzenpositionen noch immer verwehre, ohne das Wahlrecht nicht geführt werden könne. Dass ausgerechnet am Tag dieser Diskussion die erste Frau Vorstandsvorsitzende eines DAX-Unternehmens geworden ist, belege denn auch nur, wie lang und mühsam der Weg zur Gleichberechtigung sei. Susanne Wetterich, die Landesvorsitzende der Frauen Union Baden-Württemberg, beklagte, dass Frauen in der CDU trotz der Kanzlerin und der Parteivorsitzenden noch lange nicht den gleichen Einfluss wie Männer hätten. Zwar hätte das von Ursula von der Leyen eingeführte Erziehungsgeld samt Vätermonaten viel verändert, „aber noch immer bedeutet ein Kind für viele Frauen Teilzeit samt schlechten Aussichten für die Rente und die Steuerklasse. Sie kämpft deshalb dafür, das innerparteilich in der CDU geltende freiwillige Quorum von 30 Prozent zumindest verbindlich zu machen. Saskia Ulmer, die stellvertretende Vorsitzende des Landesfrauenrates, berichtete, dass die mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Familie noch immer eines der größten Probleme ist. Als junge Mutter bestätigte sie, dass viele Frauen und Männer mit der Geburt des ersten Kindes oft in alte Rollenmuster zurückfallen. Seit 2001 ist Brigitte Lösch Landtagsabgeordnete der Grünen; bei ihrer Partei gehört das Frauenstatut, das nicht nur die Doppelspitze vorschreibt, sondern auch regelmäßig den ersten Listenplatz sowie das Reißverschlussprinzip. Damit sorgten die Grünen für 60 Prozent des gesamten Frauenanteils im baden-württembergischen Landtag, berichtete sie. „Das kann man nicht über good will, sondern nur über die Strukturen machen, sagte sie zur Begründung für die Forderung nach einem neuen Landtagswahlrecht. „Gegen Platzhirsche hilft nur eine andere Struktur“.
Neue Köpfe im Kuratorium
Traditionell ist das Herbstfest immer der Herbstsitzung des Kuratoriums der Akademie vorgelagert. Auch in diesem beratenden Gremium gibt es neue Köpfe. Die seit Anfang der 90er Jahre im Kuratorium aktive Kammersängerin Irmgard Stadler-Nagora hat sich aus dem Gremium verabschiedet. „Ich habe immer versucht, die Arbeit nach der Akademie nach außen zu vertreten und Zeugnis zu geben vom Glauben“, sagte sie. Auch mit 82 Jahren unterrichtet sie aber weiter täglich Kinder und Jugendliche und bildet Ministranten zu Kantoren aus.
Neu dazugekommen ist Dr. Lioba Brauchle aus Ellwangen. Die 44jährige Allgemeinärztin, die erzählt, dass sie „unterm Kirchturm der Basilika“ in Ellwangen groß geworden sei, arbeitet in eigener Praxis, ist verheiratet und hat vier Kinder, die als Ministrantenkinder aktiv sind. Seit einem Jahr gehört sie zum Ärzteteam des örtlichen Hospizes, in ihrer mageren Freizeit backt sie am liebsten Brot im eigenen Holzofen.
Mit der Malerin Christina Barroso wird die Kunst auch künftig im Kuratorium vertreten sein. Die gebürtige Brasilianerin ist künstlerisch international unterwegs, lebt aber als Ehefrau und Mutter schon seit 20 Jahren in Stuttgart. Sie sagt über sich, „Objekte, Schriftzeichen, Karten und Zahlen sind Ausgangspunkt der künstlerischen Reisen durch Zeiten und Räume“. Sie sieht sich als „eine visuelle Poetin“.
Neu im Kuratorium ist nicht zuletzt der Stuttgarter Unternehmer Thomas Pilz. Gemeinsam mit seiner Schwester führt er das Familienunternehmen Pilz in Ostfildern-Nellingen, das weltweit etwa 2500 Mitarbeiter hat. „Ich fühle mich im Glauben zu Hause“ beschreibt er die Motivation für sein kirchliches Engagement und ist überzeugt davon, dass eine Werte gebundene Unternehmensführung gerade in Zeiten wirtschaftlichen Umbruchs und Krisenhaftigkeit wichtig ist.
Barbara Thurner-Fromm