Leonardo in 3D für Maria 2.0

Das bekannteste künstlerische Symbol für die theologische Argumentation, dass nur Männer geweiht werden dürfen, ist ein Bild von Leonardo da Vinci. Doch man kann es auch anders sehen.

Wer kennt es nicht, das berühmte Abendmahl von Leonardo da Vinci, geschaffen für das Refektorium des Dominikanerkloster Santa Maria delle Grazie in Mailand. Es gehört zu den bekanntesten Gemälden weltweit.
Neben der technischen Bravour des Bildes gab und gibt das Setting der Figurengruppe durchaus Anlass zu Spekulationen. Vor allem der sogenannte feminin gemalte Lieblingsjünger Jesu wirft auch im verfilmten Megaseller Dan Browns, im „Da Vinci Code“, Fragen auf.

Die weltweite Bekanntheit des Werkes machen sich auch Gegenwartskünstler zu Nutze und modifizieren es mit ihren Mitteln. Jürgen Klugmann stellte das zweidimensionale Gemälde mit lebenden Personen in der Kunsthalle Tübingen während der Ausstellung „Come Back“ zeitweise nach; eine Methode, die im 19. Jahrhundert unter dem Begriff Tableau Vivant durchaus bekannt gewesen ist. Wir von der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart wollten uns ebenfalls das Renommee und die Vieldeutigkeit des Bildes zu Nutze machen und ließen uns in der Tübinger Ausstellung auch auf dieses Kunst-Abenteuer ein.

Weiß als Symbol für Maria 2.0

Neben der kunsthistorischen Auseinandersetzung ging es uns bei dem Werk auch darum, ein Statement zu formulieren: Mit diesem Setting wollen wir auf die inzwischen weltweit bekannte Kampagne „Maria 2.0“ hinweisen. Die Farbe der Aktion ist weiß. Sie steht für eine Reform-Initiative, die in den großen katholischen Frauenverbänden entstand und von vielen Frauen und Männern aus Kirchengemeinden inzwischen aufgegriffen wurde. Sinn und Zweck des Begehrens ist es, längst fällige Reformen (zum Beispiel den Diakonat der Frau und die Aufhebung des Pflichtzölibates) innerhalb der Amtskirche neu zu beleben.

Auch auf dem „Synodalen Weg“, vereinbart zwischen der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken, hat diese Initiative in den vier Foren deutlich ihre Spuren hinterlassen und fordert greifbare Veränderungen. Auch an der Akademie wollen wir uns diesen Themen im kommenden Jahr annehmen, Tagungen dazu organisieren und den Diskutant*innen eine Plattform bieten. Zudem sollen die Veranstaltungen dazu dienen, ein Jahr nach dem Beginn der Maria 2.0-Bewegung ein erstes Fazit zu ziehen.

Kreativer Protest

Dieses Foto dient als Eye Catcher und wird auf Flyern und anderen Werbeträgern auf diese Kampagne hinweisen. Da nicht nur Frauen die katholische Kirche und diese Bewegung mittragen, sondern auch Männer, sollten beide Geschlechter auf dem Bild vertreten sein. Es ist – warum auch immer – leider gar nicht einfach gewesen, Männer für diese Performance zu finden, obwohl von den eingeforderten Veränderungen alle Gläubige profitieren.
Am Ende dieser performativen Veranstaltung in der Tübinger Kunsthalle waren sich alle Beteiligten einig, dass es viel Freude gemacht hatte, sich an diesem Prozess kreativ zu beteiligen.

Ilonka Czerny und Verena Wodtke-Werner

Von Leonardo inspiriert und ins Heute übersetzt.