Krautwickel zum Fest

Etliche KollegInnen können dieses Jahr nicht im Kreise ihrer Lieben feiern, weil sie nicht in ihre Heimat reisen können. Da tröstet, vom traditionellen Festessen zu schwärmen. Von Kerstin Hopfensitz

„Wenn man morgens aufwacht und die Familie ist da, das ist ein schönes Gefühl“, erzählt Tea Martinčić aus unserem Housekeeping-Team. Doch Tea Martinčić, die von der kroatischen Insel Krk stammt und in der Geschäftsstelle dafür sorgt, dass alle Kolleginnen und Kollegen auch in Coronazeiten in einem hygienisch sicheren Umfeld arbeiten können, wird dieses Jahr gemeinsam mit Ihrem Freund ein ungewohntes Weihnachtsfest verbringen und auf Vieles verzichten müssen. Das Schönste an Weihnachten ist für sie das gemeinsame Essen mit der Familie – mit Mutter, Bruder, Schwester, Nichten und der Großmutter –, das Erzählen und Lachen. Und der Besuch bei der Familie Ihres Freundes. Als sehr bedrückend empfindet meine Kollegin, dass sie ihre Schwiegermutter an Weihnachten nicht sehen wird. Aufgrund des vorgerückten Alters der Seniorin wird jeder Besuch bei der Mutter Ihres Partners zu einer besonderen Begegnung, die eigentlich nicht aufgeschoben werden darf – denn, „wer weiß, wann ich das nächste Mal Gelegenheit habe, sie zu sehen.“, resümiert Tea Martinčić.

Der französische Salat darf nicht fehlen

In schöner Erinnerung ist ihr das gemeinsame Backen in Kindheitstagen mit der Mutter und der Schwester; vor allem ein Gebäck hatte es ihr angetan: Die „Russischen Mützen“. Hierbei handelt es sich um Schokotörtchen mit Vanillecreme, die es in sich haben.
Auch an traditionelle Speisen denkt Tea Martinčić: An Weihnachten kam „Sarma“ auf den Familientisch, ein Gericht, bei dem Krautblätter mit Hackfleisch und Reis gefüllt werden, den schwäbischen Krautwickeln nicht unähnlich, sowie „Šurlice“, ein typisches Nudelgericht der Insel Krk. An Silvester durfte der „Francuska salata“ – der Französische Salat – aus Karotten, Erbsen, Eier, Mayonnaise und Nudeln nicht fehlen. Alle diese Gerichte stehen für meine Kollegin für die familiäre Geborgenheit, auf die sie dieses Jahr verzichten muss.

In einer Video-Konferenz erzählten Sonia Ribeiro, Valentia Tomesu und Desislava Mitsou aus dem Houskeeping-Team unseres Tagungszentrums in Stuttgart-Hohenheim von ihren Weihnachtsplänen, und dabei entspann sich sehr schnell ein reger Austausch über die traditionellen Mahlzeiten ihrer Heimatländer, die für die vier Kolleginnen in Hohenheim wie ein Ankerpunkt in diesen unruhigen Zeiten sind.

Sonia Ribeiros Familie stammt aus Loulé an der Algarve, einer Kreisstadt in der Nähe von Faro. Wie jedes Jahr feiert sie Weihnachten mit der Familie ihres Mannes in Stuttgart und wird dieses Mal ihre Eltern vermissen, die wieder in Portugal leben. Auch wenn das Weihnachtsfest nicht wie üblich mit 30 lieben Menschen gefeiert werden kann, so bleibt die Familie Ribeiro doch einer Tradition treu: dem Weihnachtsessen. „Das wird wie immer von meiner Schwägerin zubereitet und ich unterstütze sie dabei“, erzählt Frau Ribeiro. Am Heiligen Abend werden gekochte Kartoffeln mit Gemüse und Bacalhau, dem eingesalzenen Kabeljau, serviert, denn traditionell gibt es an diesem Tag Fisch. „Auch bei uns in Kroatien kommen an Heiligabend Fischgerichte auf den Teller“, ergänzt Tea Martinčić. Denn schließlich handelt es sich um den letzten Tag der vorweihnachtlichen Fastenzeit. Bei Familie Ribeiro darf der „Bolo Rei“, der Königskuchen in Kranzform mit kandierten Früchten, Pinienkernen und Nüssen als Nachtisch natürlich nicht fehlen. Mit seinen gezuckerten Früchten soll der Hefekranz an die Kronen der Heiligen Drei Könige erinnern. Den Heiligen Abend verbringt die portugiesische Familie dieses Jahr in kleiner Runde mit Essen, Reden und Kartenspielen. Die Bescherung erfolgt, wie in Portugal üblich, um Mitternacht.

Auf den Weihnachtsbesuch in der Heimat muss auch Valentia Tomesu verzichten; sie fährt mit Ihrem Mann normalerweise zu Ihren Eltern nach Orşova in Rumanien, am linken Donauufer gelegen. Doch dieses Jahr begeht sie das Weihnachtsfest zuhause in Stuttgart mit ihrem Mann, ihrem Bruder und mit ihren beiden Kindern, über deren Besuch sie sich besonders freut. Denn Tochter und Sohn studieren in Rumänien und werden nun die Festtage in Deutschland verbringen – „einem negativen Coronatest sei Dank konnten beide schon Anfang Dezember kommen“, merkt Valentina Tomesu an.

Ein ganzer Tag lang wird gekocht

Auch in ihrer Familie spielt das gemeinsame Festessen eine zentrale Rolle: Die Vorbereitung der Speisen nimmt einen ganzen Tag in Anspruch, an dem gekocht und gebacken wird. Wie immer stehen sieben verschiedene Kuchen auf dem Speisezettel – mit Buttercreme oder Schlagsahne sowie mit Mohn oder Walnüssen verfeinert, also nichts zum Kalorienzählen. Und über Ländergrenzen hinweg sind auch in Rumänien Kohlrouladen – hier „Sarmale“ genannt – wie in Kroatien ein typisches Weihnachtsgericht, das traditionell am Ersten Weihnachtstag bei Familie Tomesu zubereitet wird.

Bei Desislava Mitsou wird in diesem Jahr das Weihnachtsfest anders ablaufen als gewohnt. Eine Heimreise nach Vraca in die Nähe von Sofia, wo die Eltern und der Sohn leben, muss entfallen. Das Familienfest, bei dem sich sonst 25 Familienmitglieder treffen und den Abend gemeinsam mit Reden und Essen, aber auch mit Tanz und Musik verbringen, kann hoffentlich im kommenden Jahr wieder stattfinden, so ihr inniger Wunsch. Dieses Jahr wird es hingegen ein sehr stilles Fest werden, denn Desislava Mitsou und ihr Mann werden den Heiligen Abend zum ersten Mal nur zu zweit verbringen. Doch wie jedes Jahr wird Frau Mitsou mit Bohnen gefüllte Paprika an Heilig Abend zubereiten und am Ersten Weihnachtstag „Sarma“, die mit Hackfleisch gefüllten Krautblätter, servieren. „Und: Der „Russische Salat“ darf nicht fehlen!“ berichtet Frau Mitsou. Nun lachen die Kolleginnen, denn auch dieser ist fester Bestandteil mehrerer Speisezettel; auch wenn er in Kroatien als „Französischer Salat“ serviert wird.

Abschließend erzählt Desislava Mitsou von einem schönen Brauch, bei dem zum Ende der Mahlzeit ein selbstgebackenes Brot, „Pitka“, mit einer darin versteckten Münze unter den Familienmitgliedern geteilt wird. Die Münze soll dem Finder oder der Finderin im kommenden Jahr Gesundheit und Glück bringen.

Beim Reden über das bevorstehende Weihnachtsfest, das für uns alle in seiner Form eine Premiere sein wird, haben die vier Kolleginnen viele Gemeinsamkeiten entdeckt: Seien es die traditionellen Speisen, das Beisammensein in großen Familien oder die Bescherung, die erst um Mitternacht des 24. Dezembers erfolgt. Und auf die Frage, was sie sich am meisten wünschen, war die Meinung einhellig: „Ein gesundes neues Jahr!“.

Rezepte zum Nachkochen der genannten Speisen finden sich auf den einschlägigen Seiten im Internet.

 

An Weihnachten kamen „Sarma“ auf den Tisch: ein Gericht, bei dem Krautblätter mit Hackfleisch und Reis gefüllt werden (und den Krautwickeln nicht unähnlich sind).

Die vier Kolleginnen des Housekeeping-Teams in Hohenheim