Klaus Barwigs Lebensleistung gewürdigt
Er hat Generationen von JuristInnen beim Thema Migration und Menschenrechte geprägt: Für seine Verdienste erhielt Klaus Barwig nun das Bundesverdienstkreuz.
„Die Ergebnisse meiner Arbeit sieht man nicht“. Diesen Satz hat Klaus Barwig, der langjährige Leiter des Fachbereichs Migration und Menschenrechte an der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart bei der Einarbeitung seiner Nachfolgerin zu Dr. Konstanze Jüngling einmal gesagt. Damit lag Barwig, der Menschenfreund und ausdauernde Kämpfer für Gerechtigkeit und Fairness gegenüber MigrantInnen, falsch. Denn sein Wirken hat sich bis zum Bundespräsidenten durchgesprochen. In dessen Auftrag überreichte nun Volker Schebesta, der Staatssekretär im baden-württembergischen Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, Klaus Barwig das Bundesverdienstkreuz. Ort der Veranstaltung: die chaldäische Gemeinde in Stuttgart-Rohracker – auch das ein sprechendes Zeichen für das Wirken Klaus Barwigs, der bei seinen Studienreisen in die Türkei und den Irak, nach Jordanien und Syrien auch auf die Geschichte und Kultur dieser verfolgten Christen aufmerksam gemacht hat.
Hohenheim zum „Ort der Demokratie gemacht“
Konstanze Jüngling würdigte im Namen der anderweitig verpflichteten Direktorin Dr. Verena Wodtke-Werner ihren Vorgänger als einen Mann, der „herausragende Leistungen für das Gemeinwohl“ erbracht habe, wie dies die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes voraussetzt. Herausragend seien etwa die „Hohenheimer Tage für Migrationsrecht“, mit denen Barwig einen „deutlich sichtbaren Ort des Dialogs und der streitbaren Debatte“ geschaffen habe, der über Deutschland hinauswirke. Bei dieser Tagung treffen sich seit nunmehr 34 Jahren jährlich Fachleute aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft, Rechtsprechung und Nichtregierungs-Organisationen. Die „Süddeutsche Zeitung“ habe Hohenheim wegen dieses Engagements als „Ort der Demokratie“ gewürdigt.
Staatssekretär würdigt publizistische Leistungen Barwigs
Staatssekretär Schebesta nahm die Ehrung vor und erinnerte an die Fluchtgeschichte von Klaus Barwigs Eltern, die auch dessen Kindheit geprägt hatte. Denn Flüchtlinge, sogar diejenigen, die die gleiche Sprache sprechen, seien schief angeschaut worden. Es habe lange gedauert, bis für die Familie so etwas wie Integration spür- und erlebbar geworden sei, sagte der Staatssekretär. Schebesta würdigte auch die publizistischen Leistungen Barwigs: „Ganze Generationen von Ausländerrechtlern werden eines der vielen Bücher in den Händen gehalten haben, die Sie zum Thema veröffentlicht haben. Ihre Publikationsliste ist enorm“, lobte er. Barwig habe Migration dabei nie als bürokratisch oder als zu verwaltendes Geschehen verstanden, sondern ihm gehe es darum, dass das aus der Heimat Mitgebrachte einen Platz haben dürfe an dem Ort, der zur neuen Heimat werde soll. „Migration, Kultur und Integration – das ist ein wichtiger Dreiklang, der Ihre Arbeit geprägt hat“, sagte Schebesta.
Anerkennung für Barwigs große Leistungen sprachen auch aus den Grußworten von Subdiakonin Younia Hilbert von der chaldäischen Gemeinde, Johannes Schmalzl, Hauptgeschäftsführer der IHK Region Stuttgart sowie stellvertretender Vorsitzender des Kuratoriums der Akademie und Professor Wolf-Dietrich Hammann, Ministerialdirektor im Ministerium für Soziales und Integration.
In seinem Grußwort verwies der Ministerialdirektor Prof. Dr. Wolf-Dietrich Hammann auf die bunte Gästeschar bei der Ordensverleihung und sagte, dies unterstreiche, was Klaus Barwig in den vergangenen Jahrzehnten geleistet habe in seinem unermüdlichen Einsatz für ein menschenwürdiges Ausländerrecht, für Umweltschutz und Nachhaltigkeit, aber auch in seinem Einsatz für religiöse Verständigung. „Er war zur rechten Zeit, mit wachem Auge an der richtigen Stelle. Und hat realisiert – wie in so vielen anderen Zusammenhängen auch – dass hier etwas getan werden muss.“
Ihm sei es bei seinem Engagement immer um die Sache gegangen, „nämlich dafür zu sorgen, dass unsere dynamische Gesellschaft auch weiterhin ‚im Innersten zusammenhält‘ “. Barwig sei für die Menschen in Deutschland und Baden-Württemberg ein echtes Vorbild zur Nachahmung: „Er hat kluge und reflektierte Gedanken. Er sprüht vor Ideen. Und bei ihm gehören Reden und Handeln zusammen.“, sagte Hammann.
Klaus Barwig erinnerte in seiner Dankesrede an das Schicksal und den Exodus der Christen aus Syrien und der türkisch-kurdischen Grenzregion, deren Schicksal ihn ebenso beschäftigte wie die Verfolgung der Yeziden durch die Terroristen des IS. „Wer mit Migration zu tun hat, weiß, welche Bedeutung Glaube und Religion für die Identität eingewanderter Minderheiten hat“, sagte Barwig. Deshalb sei es so wichtig gewesen, „für die chaldäischen Glaubensbrüder und –schwestern einen Ort der Sammlung, der Trauer, aber auch des Neuanfangs“ zu schaffen – „ganz bewusst mit dem Respekt vor ihren uralten Glaubenstraditionen und ihrer eigenen Liturgie und Sprache“. Barwig sagte, er nehme den Orden stellvertretend an für „alle aus dem Bereich des Migrationsrechts und der Flüchtlingspolitik. Er erinnerte an die jahrzehntelangen Diskussionen über die Frage, ob Deutschland ein Einwanderungsland sei oder nicht, die einen langen Atem notwendig gemacht habe und stellte, nicht zuletzt auch mit Blick auf seine Familie fest, die ihm trotz seiner vielen Abwesenheit nie die Sympathie gekündigt habe: „Umso wichtiger ist die Gewissheit, Menschen an seiner Seite zu haben, die auf demselben Weg sind. Woher käme sonst die Kraft, mit den Selbstzweifeln und der mitunter eintretenden Müdigkeit und Frustration umzugehen?“ (aka)