Erfolgreiche „Schlaufuchs-Woche“

Erstmals hat die Akademie ein Sommerferien-Programm für Kinder im Grundschulalter angeboten. Es reichte vom Besuch der Polizei über erste Melk-Erfahrungen bis zur Theateraufführung.

Ungewöhnlich lebendig und fröhlich ging es im Tagungshaus zu, als sich am Morgen des 2. September 22 Kinder – viele voller Vorfreude, einige noch etwas zögerlich – von ihren Eltern verabschiedeten. Vor Ihnen lag die erste von der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart gestaltete Ferienwoche für Kinder im Grundschulalter: die „Schlaufuchs-Woche“.

Spannender Start: Polizei- und Helfer-Tag

Und die begann gleich mit einem Höhepunkt: Der erste gemeinsame Ausflug führte mitten in den realen Alltag von Schutzpolizisten, denen die Gruppe auf der Möhringer Wache über die Schulter blicken durfte. Viele Fragen wurden gestellt und beantwortet, fast jeder Raum besichtigt – und der Eindruck der Zellen, die eindrückliche Warnung vor Waffen und die Technik im Polizeiwagen dürfte vielen in Erinnerung geblieben sein. Doch was machen PolizistInnen, die uns schützen und helfen, eigentlich, wenn sie selbst Hilfe brauchen? Diese Antwort konnte Polizeiseelsorger Diakon Georg Hug am Nachmittag geben, der nicht nur plastisch von seinen Aufgaben berichtete, sondern mit den Kindern auch typische Teambildungsübungen machte – ganz so, wie sie sonst die Polizeiteams absolvieren. Abgerundet wurde der „Polizei- und Helfertag“ mit dem Besuch der Sozialpädagogin Corinna Mader und ihrer Begleithündin Luna, deren Fähigkeit, über 40 Befehle auszuführen – vom Aufheben eines Kulis bis zum Zudecken –  Kinder und Betreuerinnen gleichermaßen in Staunen und Begeisterung versetzte und die vermutlich an diesem Tag der am meisten gestreichelte Hund des Stadtviertels war.

Weiter ging es am Dienstag zusammen mit Dr. Christian Ströbele, dem Fachbereichsleiter „Interreligiöser Dialog“ der Akademie, in Richtung Stuttgart-Wangen. Die Bosnische Moschee hatte an diesem Morgen für die Kindergruppe ihre Türen geöffnet; der freundliche und coole Jugendreferent nahm alle mit auf eine kleine Erkundung des Islam. Was die fünf Säulen des Islam sind, dass auch Jesus eine Rolle spielt, wie die Gebetshaltung aussieht, sich der Gesang des Vorbeters anhört und dass es bei den Freitagsgebeten auch mal Drängler gibt, die sich einen Platz in der ersten Reihe erbeuten wollen – das wussten die Kinder spätestens beim gemeinsamen Börek. Als es nach der langen obligatorischen Mittagspause im weitläufigen Park in die katholische Kirche St. Antonius ging, schien die Kinder Vertrauteres zu erwarten. Doch Eva Ruf, Kirchenraumpädagogin und Co-Veranstalterin von der Gesamtkirchengemeinde Stuttgart Johannes XXIII, konnte auch hier mit viel Neuem und Sinnlichem aufwarten. Bei einem Rundgang durch die Sakristei wurden die Geheimnisse der vielen Schubladen und ihrer Inhalte gelüftet, Festgewänder und Ministranten-Talare begutachtet; am Altar durfte Weihrauch geschwenkt und eine ungeweihte Hostie probiert werden.

Bei den Kälbchen und den Bienen

Als am Morgen des 3. Tages alle Kinder mit gefüllten Rucksack und festen Schuhen im Foyer warteten, war klar: Heute geht es zu Fuß los – und zwar zunächst, geführt von der Biologiestudentin Maria Werner, die den gesamten Vormittag geplant hatte, zum Meiereihof der Agrarwissenschaften der Uni Hohenheim. Dass die frisch geborenen Kälbchen, die kleine Übungsmelkanlage und der große Sattelschlepper froh machen würden, überraschte wenig – das tiefe Interesse vieler Kinder, auch hinter die Fassaden der Versuchsstation zu blicken, in der vor allem zur Milchproduktions-Steigerung geforscht wird, schon eher. Am Ende des Besuchs blieben so zwei Bilder: das der sich wohlig an der Bürste schubbernden Kuh, die sich frei im offenen Stall bewegen kann – und das ihrer trächtigen Kollegin mit einoperierter Pansenfistel.

Die nächste kleine Überraschung folgte im Institut für Bienenkunde: Mit professionellem Imker-Hut und Schleier ausgestattet, konnten alle Kinder aus nächster Nähe angstfrei miterleben, wie die Bienen durch den Smoker schläfrig wurden und wie eine Wabe im Detail aufgebaut ist. Dass nach diesem aktiven Vormittagsprogramm für Schlaufuchs-Kinder die Frage aufgeworfen wurde, woher das Leben von Tier und Mensch stammt, lag fast auf der Hand. Und so gestaltete Dr. Heinz-Hermann Peitz, Fachbereichsleiter Naturwissenschaft und Theologie, einen Evolutions-Workshop mit den Kindern. Zum Schluss zog sich eine 50 Meter lange Linie durch das Foyer des Tagungshauses, an der – selbst gebastelt und gemalt – alle unsere Vorfahren und Verwandten, von den Bakterien bis zu den Affen, im zeitlichen Verlauf plastisch sichtbar wurden. Dass die übergroße Teilstrecke unbeklebt blieb und der Mensch erst auf den letzten Zentimetern in Erscheinung trat, setzte sich als Bild fest. Schwester Ina-Franziska vom St. Agnes-Gymnasium, die mit der Gruppe anschließend die Schöpfungsgeschichte las und sang, bereicherte die Eindrücke mit einem Gleichnis vom Wasser: So, wie ich das aufgestellte Wasser in der Schüssel mit vielen unterschiedlichen Begriffen – nass, kalt, flüssig etc. – beschreiben kann und alle diese Attribute richtig sind, so lässt sich auch das Verhältnis von Evolution und Schöpfung verstehen: Ich darf aus unterschiedlichen Winkeln blicken und alle haben ihre Richtigkeit und Wichtigkeit.

Dem Kreislauf des Lebens nachgespürt

Warum es ausgerechnet am Donnerstag – nach zuvor herrlichem Spätsommerwetter – kalt und regnerisch sein musste, konnten wir, leicht frierend, nicht klären. Klar war aber, dass die Gruppe, warm eingepackt, den Weg zum Pragfriedhof antreten wollte. Barbara Hummler-Antoni, Kunsttherapeutin und Bereichsleiterin Trauerbegleitung am Hospiz St. Martin und ihre Kollegin Annegret Wochele, hatten extra für die Schlaufuchs-Gruppe eine Entdeckertour samt Heft über den Friedhof konzipiert und nun galt es, in Kleingruppen dem „Kreislauf des Lebens“ nachzuspüren: Welche Symbole auf Grabsteinen gibt es, welche berühmten Personen liegen hier begraben, welche Tiere leben in den Bäumen? Bei aller Lust am Lösen: Schnell wurde klar, dass jeder diesen Weg auch ein bisschen individuell durchwandern mochte und durfte – und die Tour für manche Gruppen als eine Art Türöffner fungierte: für einen eigenen Blick auf Leben und Sterben, die Befriedigung der eigenen Neugierde durch unablässiges Fragen, Antworten und Schauen und einem offenen Umgang mit dem sonst oft tabubeladenen Thema. Zur besseren Verarbeitung des Vormittags und zu mindestens genauso viel Spaß führte das nachmittägliche Malen mit Acrylfarben auf Leinwänden, das – passend zum Motto „Ein jegliches hat seine Zeit “ – tolle Kunstwerke über Lachen und Weinen hervorbrachte.

Dass nach einem ruhigeren Tag Action und Bewegung auf dem Programm stand, kam am Freitag vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern recht: Die Theaterpädagogin Tanja Frank (ehemals Junges Ensemble Stuttgart) war gemeinsam mit ihrer Assistentin Julia Eber angereist und nun galt es, innerhalb eines Tages aus den Erlebnissen der vorangegangenen Woche ein eigenes Theaterstück zu schreiben und am Abend vor den Familien aufzuführen. Themen wurden erwogen und wieder verworfen,  Körper- und Stimmübungen gemacht, kleine Bühnenaufbauten konzipiert – und als Tanja Franks Frage nach einer Pause mit einem einhelligen „nein“ beantwortet wurde, war spätestens klar, wie viel Freude dieser kreative Rausch machte. Als die Eltern sich um 16.30 Uhr zur Theateraufführung und dem sich anschließenden Grillfest einfanden, konnten auch sie sich überzeugen und durften eine wirbelige, vergnügte und toll gespielte kleine Inszenierung bewundern.
(Stefanie Jebram)

Auch Melken will geübt sein...

Wie marschieren Polizisten?

Die Evolutionskette reichte durch das ganze Tagungszentrum.

Gut geschützt gegen Stiche trauen sich alle an das Bienenvolk.

Entdeckertour auf dem Pragfriedhof.

Mit voller Konzentration auch beim Malen.