Angelus Silesius (lat. für schlesischer Bote/Engel), bürgerlich Johannes Scheffler, ist bis heute berühmt für seine fast 1700 geistlichen Epigramme in Alexandrinerdoppelversen, die bei der zweiten Auflage 1674 den Titel „Der Cherubinische Wandersmann“ erhielten und in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden. Was Scheffler bei Mystikern wie Tauler, Ruysbroek, Harphius und Maximilian Sandeus „nach der Länge gelesen hat“, will er in den Sinnreimen „als in einem kurzen Begriff“ finden, um die „Seele zur göttlichen Beschaulichkeit“ zu führen (Vorwort).
Neben dem Gemeingut der Mystik wie der Vereinigung der Seele mit Gott findet sich bei ihm aber auch die „geheyme Gottes Weißheit“ eines Augustinus, Eckhart und Bernhard von Clairvaux. „Zur Erkenntnis der Wahrheit gekommen“ ist Scheffler auf seiner Holland-Reise durch den (wenige Tage vor seiner Geburt gestorben) Jakob Böhme, mit dessen Freund, Abraham von Frankenberg (1593-1652), er in einem regen Gedankenaustausch stand.
Hans Urs von Balthasar nannte Angelus Silesius „einen der größten Dichter des Abendlandes“, sein reformierter Basler Kollege Karl Barth hingegen kritisierte die mystischen Paradoxien des Barockdichters als „fromme Unverschämtheiten.“ Gleichwohl fanden sie auch in evangelischen Kreisen Aufnahme, einige Lieder auch im evangelischen Gesangbuch, obwohl Scheffler nach seiner Konversion 1653 zum katholischen Glauben und seiner Priesterweihe 1661 zeitlebens als „Papist“ galt und zu einem maßgeblichen Führer der Gegenreformation in Schlesien wurde.
Wie für Scheffler war auch für den schwäbischen Prälaten Oetinger Jakob Böhme das große Vorbild, ihm widmete er sein erstes (1731) und letztes Buch (1777). Weil auch die Natur den Schöpfer sinnbildlich („emblematisch“) offenbart, wandte er sich gegen die Moralisierung des christlichen Glaubens in der Aufklärung (Leibniz, Wolff). Aber auch Oetinger ging es im Geist der Zeit um ein alle Wissensgebiete umfassendes „Gesamtsystem“ der Wahrheit („philosophia sacra“) auf der Grundlage von Schöpfung und Bibel. Als Ziel der „Werke Gottes“ verstand er die von Christus bewirkte himmlische Geistleiblichkeit, die auch die Natur umfasst. Eine besondere Rolle spielte für Oetinger die jüdische Mystik: Bei der Erstellung der kabbalistischen Lehrtafel der Prinzessin Antonia in Bad Teinach bei Calw war er einer der beratenden Theologen und schrieb ein Buch dazu.
Mystik und Theosophie
In Kooperation mit der Gesellschaft der Freunde christlicher Mystik
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Samstag, 23. März 2019
ab 10.30 Uhr
Kaffee
11.00 Uhr
Begrüßung und Einführung
Dr. Klaus W. Hälbig
11.15 Uhr
„Gott in uns, wir in Gott“
Angelus Silesius: Dichtertheologe
mystischer Paradoxien
Prof. Dr. Wilhelm Schmidt-Biggemann, Berlin
12.30 Uhr
Mittagessen
14.00 Uhr
Leiblichkeit des Geistigen
Vom mystischen Suchen zur „Philosophia
Sacra“ bei Friedrich Christoph Oetinger
Dr. Eberhard Zwink, Stuttgart
15.30 Uhr
Kaffeepause
16.00 Uhr
Ausgewählte Texte
von Angelus Silesius
kommentiert von Prof. Dr. Wilhelm
Schmidt-Biggemann, Berlin
17.00 Uhr
Ende der Tagung
Schmidt-Biggemann, Wilhelm, Prof. Dr. *(1946), 1966–1974 Studium der Philosophie, Literaturwissenschaft, Geschichte und Theologie an der Ruhr-Universität Bochum; 1974 Promotion mit einer Dissertation über Jean Pauls Jugendsatiren; 1981 Habilitation in Berlin mit dem Thema „Topica universalis. Eine Modellgeschichte humanistischer und barocker Wissenschaft“; 1986 – 2018 Professor für Geschichte der Philosophie und der Geisteswissenschaften an der Freien Universität Berlin; Gastprofessuren in Prag, Princeton, Cambridge, Kopenhagen, Philadelphia und Tel Aviv; Inhaber der Comenius-Medaille und der Goldenen Medaille der Karls-Universität Prag, des Hamann Preises und der Friedrich Senior-Professur; Forschungsschwerpunkte: Religionsphilosophie, Geschichtsphilosophie, Philosophie- und Philologiegeschichte; besonders in der Frühen Neuzeit: Politische Theologie, Geschichte der christlichen Kabbala (2012–2014, 4 Bde.). Neueste Veröffentlichung: Gott, versuchsweise. Eine philosophische Theo-Logie (2018).
Zwink, Eberhard, Dr. phil. (*1946), Studium der Evang. Theologe, Geographie und Musikwissenschaft in Tübingen, 1973 Promotion mit einer Dissertation über Paul Hindemiths „Unterweisung im Tonsatz“, 1975 Zweites Staatsexamen für den Höheren Bibliotheksdienst in Frankfurt/M.; bis 2011 Direktor in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart, zuletzt Leiter der Abteilung Historische Sammlungen, Schwerpunkt Alte und Wertvolle Drucke; Fachreferent für Buchgeschichte, Theologie, Philosophie und Esoterismus, verantwortlich u. a. für die Inkunabelsammlung, die Bibelsammlung, die Swedenborg-Sammlung und das Oetinger-Archiv; Publikationen u. a. über Oetinger und Swedenborg sowie die Geschichte des Bibeldrucks.
Hinweis:
Die „Gesellschaft der Freunde christlicher Mystik” wurde im Jahr 1987 auf Initiative der Mystikkenner und -forscher Wolfgang Böhme und P. Josef Sudbrack SJ gegründet. Entsprechend des Gründungsgedankens will sie dazu beitragen, die reichen Traditionen christlicher Spiritualität und Mystik einer breiteren Öffentlichkeit bekannt und somit für ein gegenwärtiges Christentum fruchtbar zu machen. Durch die Bildung und Unterstützung regionaler Gruppen wird das Anliegen der Gemeinschaft verbreitet. Derzeit zählt die Gesellschaft rund 250 Mitglieder.
Tagungskosten - inkl. Verpflegung 30,00 €
Anmeldung und Rückfragen Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart
– Geschäftsstelle –
Assistenz: Ines Meseke
Im Schellenkönig 61, 70184 Stuttgart
Tel: +49 711 1640-702 ; Fax: +49 711 1640-802
E-Mail: meseke@akademie-rs.de
Die Anmeldung zur Tagung erbitten wir schriftlich (Anmeldekarte, Fax, E-Mail) spätestens bis zum 13.03.2019. Sie erhalten eine Anmeldebestätigung. Bitte kommen Sie nicht unangemeldet zur Tagung! Bei Rücktritt von der Anmeldung vom 14. - 21.03.2019 (Eingangsdatum) stellen wir Ihnen den Tagungsbeitrag in Rechnung, danach bzw. bei Fernbleiben die Gesamtkosten. Ersatz durch eine andere Person befreit von den Stornogebühren.
Tagungshaus und Anreise Das Tagungszentrum liegt in der Nähe der Universität Hohenheim. Ab Stuttgart Hauptbahnhof (U5, U6, U12) bis Möhringen, von dort mit der U3 bis Plieningen. Bei Anreise mit der S-Bahn (S1, S2, S3) bis Vaihingen, dann Stadtbahn (U3) bis Plieningen. Von der Endstation sind es noch 300 Meter zur Paracelsusstraße (zunächst weiter in Fahrtrichtung, im Kreuzungsbereich / Kreisverkehr die Hauptstraße überqueren, dann sofort rechts).
AutofahrerInnen, die über die Autobahn A 8 aus Richtung Ulm oder Karlsruhe anreisen: Ausfahrt 53a „Flughafen/Messe“ in Richtung Plieningen. Hauptstraße durch Plieningen bis zur Abzweigung „Universität Hohenheim“. Am Kreisverkehr bei der Gaststätte „Wirtshaus Garbe“ scharf rechts in die Paracelsusstraße.
Vom Flughafen Stuttgart zum Tagungszentrum benötigen Sie ca. 15 Minuten (Taxi/Buslinie 79).
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Kontakt
Dr. Verena Wodtke-Werner
Akademiedirektorin
Direktion, Fachbereich Theologie - Kirche - Gesellschaft
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