Vielleicht nicht heute, aber morgen?

Die Weingartener Tagung "Alternativen der Entwicklung" zeigt spannende Ansätze dezentraler, partizipativer und ökologischer Entwicklungspfade aus verschiedenen Kontinenten auf.

„Da geht schon viel, aber da muss noch mehr gehen!“ Fünf junge Erwachsene, alle engagiert beim Arbeitskreis Eine-Welt-Politik des BDKJ Rottenburg-Stuttgart, sehen Fortschritte bei der Abkehr von der eurozentrischen Entwicklungszusammenarbeit. Vielmehr ginge es in ihrer Generation selbstverständlich um gleichberechtigten Dialog und Begegnung. Die ökonomische Asymmetrie dabei sei ein Fakt, mit der man in postkolonialer Einstellung kritisch umgehen müsse. Denn: Wie soll sonst ein globales Problembewusstsein entstehen? Wie gelingt sonst der Wechsel der Perspektive?

Junge Menschen aus Peru, Simbabwe, Nepal, Indien und Deutschland formulieren ihre Perspektiven auf die gemeinschaftliche Gestaltung der Zukunft – erfahrene Haudegen wie Alberto Acosta aus Ecuador oder Sally Matthews aus Südafrika antworten darauf und geben den Analysen Weite und Tiefe. Eine wirklich spannende und produktive Runde hat das Tagungsteam um Heike Wagner von der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart und Tuto Wehrle von terre des hommes zusammengebracht, zu der zeitweilig sogar Winfried Kretschmann gestoßen ist.

Die vorgestellten Perspektiven sind eher Alternativen von Entwicklung als Alternativen zum Entwicklungsbegriff. So unterschiedlich die Konzepte Buen Vivir aus dem südamerikanischen Andenraum, Radical Ecological Democracy aus Indien oder Ubuntu aus Südafrika sind, so gibt es doch Entsprechungen: Den jungen Menschen geht es um Teilhabe, sowohl an der Planung von Entwicklungsvorhaben und Zukunftsentwürfen, als auch an den wichtigen gesellschaftlichen Prozessen. Spannend sind hierbei die unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen: Manche sehen einen Vorrang der Rechte der Natur vor denjenigen der Menschen, während andere schlicht die Teilhabe an den Wohlstandsgewinnen transnationaler Bergwerksunternehmen einfordern.

Sally Matthews sieht die Stärke der verschiedenen Konzepte in dem Signal, dass Wissen aus verschiedensten Kontexten kommt – nicht nur aus dem Westen – und damit die „Geographie der Vernunft“ verschoben wird. Die geteilte Beteiligungsforderung der jungen Menschen verweist darauf, dass nicht nach dem einen Alternativbegriff gesucht wird, sondern nach vielfältigen Wegen, wie Entwicklung im Sinne von gerechter und zukunftsfähiger Veränderung von (Welt-)Gesellschaft gehen kann.

Eine Tagung, die viele produktive Fragen aufgeworfen hat. Ob es irgendwann Antworten gibt? Der AK-Eine-Welt-Politik hofft auf die Zukunft: „Vielleicht noch nicht heute. Aber morgen!“

(Wolf-Gero Reichert, Geschäftsführer Hauptabteilung Weltkirche der Diözese Rottenburg-Stuttgart)
 

Mehr erfahren Sie auf der Webseite der Tagung unter:
https://www.akademie-rs.de/alternativen

 

Podiumsdiskussion mit Ashish Kothari (Indien), Sally Matthews (Südafrika), Heike Wagner (Akademie)

Die Organisatoren der Veranstaltung: terre des hommes (Beat Wehrle, Werner Schiffer und Joshua Hofert) sowie Akademie (Heike Wagner, Linda Huber und Isolde Frank)

Musiker (Die Stangenbohnen Partei), die im Allgäu einen Biohof bewirtschaften und dort ihre Vision eines anderen Lebens ganz konkret leben: Sie verschenken ihre Produkte und leben von ihrer Musik.