Verleihung des Aleksandr-Men-Preises im Jahr 2010
Sofia Gubaidulina
Ihre Musik wird in Ost und West verstanden
Artikel aus der Chronik 2010
Mustonen bescheinigte Sofia Gubaidulinas Musik, dass mit ihr „uns das Göttliche durch das Menschliche erreicht“. Es sei ein großes Glück, „in diesen Tönen zu sein, sich zu bewegen und zu leben“. Die Preisträgerin gehöre zu den Menschen, die sich selbst stets treu bleiben und in ihren Einsichten „letztlich unbehindert von der sie umgebenden Gesellschaft, sei sie totalitär oder unter dem Druck des Marktes und der Medien stehend“.
Sofia Gubaidulinas Musik kenne keine Grenzen und diene als Brücke zwischen Russland und Deutschland. Was sie sage, „speist unseren Geist, verleiht uns Kraft und Glauben“, so Andres Mustonen, der insbesondere auf die Johannes-Passion und das Johannes-Ostern-Oratorium der Komponistin verwies. Auch wer ihr sonstiges umfangreiches Werk nicht kenne, gehe nach dem Anhören dieser Musik „nicht so weg, wie er gekommen ist“.
Die Direktorin der Akademie, Verena Wodtke-Werner, sagte in ihrem Grußwort, Sofia Gubaidulina verkörpere in ihrer Person und ihrem Schaffen das Gespräch zwischen dem östlichen und westlichen Kulturkreis, wobei die christliche Religion als geistig-moralische Erneuerungskraft eine besondere Rolle spiele. Der Oberbürgermeister der Stadt Weingarten, Markus Ewald, erinnerte daran, dass Sofia Gubaidulina ihre Komposition als Gebet und religiösen Akt verstehe.
Die Generaldirektorin der Allrussischen Bibliothek für Ausländische Literatur in Moskau, Ekaterina Geniewa, betonte, Gubaidulina habe viele Auszeichnungen erhalten, aber die meiste Anerkennung in Deutschland gefunden. Sie sei „die letzte große lebende Komponistin aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts“. Überreicht wurde ihr der Preis vom Vorsitzenden des Kuratoriums der Akademie, Professor Hans-Georg Wehling, in Würdigung ihres kompositorischen Schaffens, wodurch sie „der geistlichen Musik jenseits des alltäglichen Zeiterlebens neue Horizonte eröffnet hat“.
Erhabenheit und Reinheit
Die Geehrte selbst verwies in ihrer Dankesrede auf zwei für sie entscheidende Prinzipien: geistige Erhabenheit und sittliche Reinheit. Sie sei dankbar für den Preis, auch weil er das geistliche Werk von Aleksandr Men fortsetzte. „Dies ist einer der wichtigsten Momente in meinem Leben.“ Die seit 1992 in der Nähe von Hamburg lebende Komponistin hatte zuvor an den Internationalen Weingartener Tagen für Neue Musik teilgenommen. Sofia Gubaidulina hat weltweit zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter den Russischen Staatspreis und den Europäischen Kulturpreis. Sie ist Trägerin des Großen Verdienstkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.
Der Preis der Akademie erinnert an den 1990 ermordeten russischorthodoxen Erzpriester Aleksandr Men, zu dem bei der Preisverleihung eine neue DVD mit Fotos und Filmausschnitten aus seinem Leben gezeigt wurde. Die Auszeichnung wird Personen und Institutionen verliehen, die sich um die interkulturelle Vermittlung zwischen Russland und Deutschland verdient gemacht haben.
Programm
Grußwort
Dr. Verena Wodtke-Werner
Direktorin der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart
Laudatio
Andreas Mustonen
Dirigent
Dankesrede
Artikel aus der Chronik 2010
Weiter Informationen zu Sofia Gubaidulina auf Wikipedia