Verleihung des Aleksandr-Men-Preises im Jahr 2001
Dr. Otto Graf Lambsdorff
Grußwort
Dr. Abraham P. Kustermann

Meine sehr geehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir, einen allerersten freundlichen Gruß der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart auf Russisch zu sagen. Wir danken herzlich für die Einladung und freuen uns, heute hier zu sein.
I. Was uns heute zu allererst zusammenführt, ist das Gedenken der außerordentlichen Persönlichkeit von Vater Aleksandr Men und seines bewundernswerten Lebenswerks – beides Gründe für die Verbindung eines „Preises für deutsch-russische Kulturbegegnung“ mit seinem Namen.
Auch wer Vater Aleksandr nie persönlich gegenüber stand, kann die Eindrücke und Erzählungen derer, denen solches Glück beschieden war, heute ein Stück weit nachvollziehen „als wäre er dabei gewesen“: dank der im vergangenen Jahr endlich auch auf Deutsch erschienenen Biografie aus der Feder seines Freundes Yves Hamant.
Frau Ekaterina Geniewa war so freundlich, zu diesem Buch ein Vorwort beizusteuern, das auf die Verbindung von Vater Aleksandr Men, dem nach ihm benannten Preis und unserer Akademie eingeht: „Deutsche Mitbegründerin des Preises ist die Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart“.
In der Tat haben wir in Deutschland in Bezug auf diesen Preis partnerschaftlich dieselbe Funktion wie hier in Russland die Allrussiche Staatliche Bibliothek für Ausländische Literatur, die Zeitschrift Inostrannaja Literatura und der Freundeskreis Aleksandr Men. Ich verneige mich deshalb in freundschaftlicher Verbundenheit vor deren Repräsentanten, Frau Dr. Ekaterina Geniewa, Herrn Alexej Slovesny und Herrn Michail Men. Weiterer Partner im Bunde in Deutschland ist das renommierte Institut für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde der Universität Tübingen mit seinem Direktor Professor Dietrich Beyrau.
Zum ersten Mal nun wird dieser Preis außerhalb Deutschlands, außerhalb Stuttgarts, hier in Moskau verliehen. Wir stimmen diesem Zuwachs an „Mutualität“ gerne zu, auch auf Zukunft hin. Doch sogleich hatte diese willkommene Premiere auch ihre eigene, delikate „Dramatik“! Ein entscheidender, vielen von Ihnen bekannter Kopf, unser früherer Direktor Dr. Gebhard Fürst, ist zur allgemeinen Freude im September 2000 in ein weit höheres Amt aufgestiegen, in das des Bischofs unserer Diözese. Beim Wechsel in dieses hohe Amt hatte er in direkter Absprache mit Partnern in Moskau zwar noch den Preisträger des diesjährigen Aleksandr-Men-Preises mitbestimmt, konnte die getroffene Entscheidung aber nur noch „weitergeben“ und musste alles übrige der Regie anderer überlassen.
Doch: Ende gut, alles gut! Sicher wird künftig wieder alles seinen einvernehmlich geregelten Weg gehen, in Absprache mit allen institutionell beteiligten Partnern. In dieser Absicht und mit dieser Aussicht ist auch der Nachfolger von Dr. Fürst an der Akademie, bin ich heute hier, zusammen mit meinem Kollegen Dr. Rainer Öhlschläger.
Seien Sie versichert, meine Damen und Herren, dass uns die Kontakte unserer Akademie nach Russland und der Aleksandr-Men-Preis im Besonderen auch weiterhin am Herzen liegen. Was immer zu ihrer Belebung und Pflege in meiner Macht steht, will ich gerne tun, und wird die Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart insgesamt gerne tun.
Vielleicht darf ich zu Zeugen dafür unsere Freunde und Partner von der Europäischen Akademie für Zivilgesellschaft aufrufen – ich hoffe, nicht zu Unrecht –, Frau Präsidentin Dr. Tatjana Yarygina, Herrn Vizepräsidenten Boris Chlebnikow und Frau Direktorin Elena Lerman.
II. Natürlich hätte schon längst ein anderer Name fallen müssen, meine Damen und Herren: der des diesjährigen Aleksandr-Men-Preisträgers Dr. Otto Graf Lambsdorff. Verehrter Graf Lambsdorff, Ihnen gilt unser herzlichster Glückwunsch, unsere respektvolle Anerkennung und – heute ganz gewiss! – unsere ungeteilte Zuneigung! Nach der unvergesslichen Preisverleihung an Exzellenz Michail Gorbatschow in Stuttgart im Juli letzten Jahres – nun wieder, „schon wieder“ ein Politiker, mögen manche fragen? Ja, und zwar ein „Urgestein“ von Politiker! (So kennen wir Sie ja, Graf Lambsdorff.)
Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, zu den Gründen, die heute dafür genannt werden, zustimmend den hinzufügen:
Zu den beschädigten Wörtern unserer Zeit gehört auch das Wort „Politik“. Ich habe dabei nicht nur die jüngsten Ereignisse im Blick, denen Russland geografisch näher steht als Deutschland. Ich habe dabei vor allem im Blick, dass sich
– der Graben zwischen Geist und Politik,
– der Graben zwischen humanistischem Denken und Politik,
– der Graben zwischen Menschenwürde und Politik offen und latent mehr und mehr verbreitert. Was soll Politik? Politik soll Tore zur Freiheit öffnen und der Freiheit Regeln geben. Aber erfahren Menschen sie oft genug nicht umgekehrt?
Vater Aleksandr Men hat in diesem Punkt anders gedacht und anders gelehrt: konstruktiv, humanistisch, integrativ. Wir brauchen Menschen, die der gleichen Verpflichtung und demselben Geist folgen – mit aller Noblesse im Denken und Handeln.
Insofern hat der Preis, der Ihnen, verehrter Graf Lambsdorff, heute verliehen wird, Sie gesucht – und in Ihnen einen Richtigen gefunden. Das Bekenntnis zu solcher Verpflichtung an diesem Ort ehrt Sie und den Preis.
Es gilt das gesprochene Wort!
Programm
Begrüßung
Aleksandr Sacharow,
Generaldirektor der Moskauer Devisenbörse
Begrüßung
Ekaterina U. Geniewa,
Generaldirektorin der Allrussischen Staatlichen Bibliothek für Ausländische Literatur
Begrüßung
Abraham Peter Kustermann,
Direktor der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart
Begrüßung
Michail Men,
Vizegouverneur des Distrikts Moskau
Rede
Ernst-Jörg von Studnitz,
Botschafter der Bundesrepublik Deutschland
Rede
Ewgenij Jasin,
Wissenschaftlicher Leiter der Hochschule für Wirtschaft
Laudatio
Dirk Sager,
Leiter des Moskauer Büros des ZDF
Preisverleihung
Ekaterina U. Geniewa
Dankerede
Otto Graf Lambsdorff,
Vorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung
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