Verleihung des Aleksandr-Men-Preises im Jahr 1999

Gerd Ruge

Grußwort

Dr. Ekateria U. Genieva

Heute händigen wir zum 5. Mal den Internationalen Aleksandr Men-Preis aus. 5 Jahre lebt bereits der Preis, den die Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart, die Zeitschrift "Ausländische Literatur" und unsere Bibliothek gestiftet haben. Das ist nicht gerade das größte Jubiläum, aber immerhin. Aus diesem Anlass möchte ich einige Gedanken zum Ausdruck bringen.

Der Preis wird für einen hervorragenden Beitrag zur Annäherung der Völker, für die Tätigkeit, die diese Annäherung fördert, ausgehändigt, u.z. für die Entwicklung der oft nicht gerade der einfachsten Dialoge zwischen den Ländern und Kulturen, für den Kulturaustausch, für den Austausch von geistigen Werten. Der Vater Aleksandr bestimmte das als einen Begriff "Ökumene", indem er ihn nicht in einem engen religiösen Sinne präzisierte, sondern in einem weiten globalen Sinne, der das geistige, kulturelle, und sogar politische Leben beinhaltete, aber das Leben, welches durch allgemein menschliche Ideale und Anfänge durchdrungen ist. Die Widerspiegelung dieser Ideale war für ihn als auch für uns das Christentum. Er sprach, für ihn seien alle Menschen die Kinder des Gottes und die Atheisten seien die Gläubigen, die ihr Glauben noch nicht gefunden haben, weil der Gott in der Seele jedes Menschen sei.

Der Vater Aleksandr warnte gegen einen vereinfachten Verständnis des Begriffes "Ökumene", er unterstrich, dass die Ökumene kein Eklektizismus sei, die alle Verschiedenheiten der Welt unter einen Hut bringt. Die Toleranz, der Dialog, die gegenseitige Verständigung haben mit dem Eklektizismus nichts Gemeinsames, wiederholte er unter Hinweis auf den Heiligen Augustin. "Im Wesentlichen - Einheit, im Bestrittenen - Freiheit, in Allem - Liebe". Wie einfach und weise sagte der Vater Aleksandr über die große Bedeutung eines Dialogs: "Wenn die Leute sich an einen Tisch setzen, fühlen sie immer eine Zusammengehörigkeit".

Wenn der Vater Aleksandr nicht tolerant war, dann war es in Bezug auf die Untoleranz. "Es ist selbstverständlich, sein Volk zu lieben, seine Kultur, die Heimat, das Land, - sagte er, - Das ist dasselbe, wenn man seine Mutter liebt. Und dieser Patriotismus ist eine heilige Sache. Aber wenn der Mensch, der seine Mutter liebt, gleichzeitig eine andere hasst oder verachtet, bedeutet es schon Nachteiligkeit, Chauvinismus, Xenonphobie... Je höher das geistige und moralische Niveau der Menschen ist, desto voller nehmen sie die Mannigfaltigkeit menschlicher Typen, Charaktere, Kulturen, Sprachen auf. Wir beginnen zu verstehen, dass wir reicher werden, wenn solche farbige Mannigfaltigkeit der Welt existiert".

Ich erinnere an Vermächtnis des Vaters Menj, weil unser Preis seinen Namen trägt und den Preis bekommen diejenigen, die mit ihrer Tätigkeit seine ökumene Idee bestätigen. Diejenigen, deren Bemühungen die Völker aneinander bringen und dem widerstehen, das der Vater Aleksandr "nationalistischer Selbstkurzschluss" nannte.
Ich möchte die Namen unserer Preisträger wiederholen. Das ist die hervorragende Kulturträgerin (im vollen Sinne dieses deutschen Wortes) - die Gründerin und die erste Direktorin des Goethe-Instituts in Moskau - Katinka Dittrich van Wering. Das ist der bedeutendste Kenner der Geschichte russisch-deutscher Beziehungen, der Gelehrte, der Memoirenschreiber und der Gesellschaftswissenschaftler Lew Kopolew. Das ist der deutsche "Russist" und Slawenforscher Nr. 1 Prof. Wolfgang Kasak. Das ist der Klassiker der Literatur des weggehenden Jahrhunderts Tchingis Aitmatow. Und heute - der berühmte Journalist und Publizist Gerd Ruge.

In der Tatsache, dass der Menj-Preis einem bekannten Vertreter der Medien ausgehändigt wird, gibt es eine symbolische Gesetzmäßigkeit. Der Vater Aleksandr hielt die Medien für ein mächtiges Werkzeug für eine geistliche Erstehung, obwohl er gesehen hat, dass deren Missbrauch zur Verbreitung des Bösen führt. Er selbst hat nie darauf verzichtet, ein Interview zu geben oder einen Artikel zu schreiben, per Radio oder im TV zu sprechen. Gerd Ruge zeigt in der Praxis schon etwa 50 Jahre, wie eine Zeitungskolumne, ein Fernsehfilm und ein publizistisches Buch die Formel vom Vater Menj verkörpert "Keine alten Rechnungen begleichen, sondern einen Dialog anfangen." ln der Tatsache, dass solcher Dialog zwischen Deutschland und Russland, zwischen Deutschland und Osteuropa, zwischen Deutschland und China, zwischen Deutschland und Amerika angefangen worden war und sich heute erfolgreich entwickelt ist ein großer Verdienst unseres Preisträgers.

Die Tätigkeit von Gerd Ruge wurde von zahlreichen einheimischen und ausländischen, darunter auch den russischen Preisen und Auszeichnungen vermerkt. Wir gratulieren ihm vom ganzen Herzen, während wir ihm diesen Preis aushändigen. Wir gratulieren uns selbst auch zu unserer Wahl.


Es gilt das gesprochene Wort!

Programm

Bergüßung
Msgr. Dr. Gebhard Fürst
 
Grußwort
Weihbischof Dr. Johannes Kreidler,
Rottenburg-Stuttgart

Grußwort
Dr. Ekateria U. Genieva,
Moskau

Laudatio
Dr. Otto Graf Lambsdorff,
Bonn

Preisverleihung
Prof. Dr. Günter Bien,
Stuttgart

Dankesrede
Gerd Ruge,
München

Lebenslauf des Preisträgers

Veröffentlichungen von Gerd Ruge

Fernsehproduktionen

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