Liebe Leserin, lieber Leser,nach langen Debatten wurde im Dezember ein erster Teil der im 19. Jahrhundert aus dem ehemaligen Königreich Benin geraubten und in deutschen Museen gelandeten Bronzen und weiterer Kunstwerke an Nigeria zurückgegeben. Die Restitution gestohlener oder unter zweifelhaften Umständen beschaffter Objekte an die Herkunftsgesellschaften, die Anerkennung des deutschen Genozids an den Herero und Nama oder auch die Umbenennung von Straßen in deutschen Städten sind wichtige, aktuell viel diskutierte Schritte zur Aufarbeitung von Unrecht aus der Kolonialzeit – doch sie können nur der Anfang gewesen sein. Schon jetzt sind viele Abwehrreflexe und Relativierungsversuche zu registrieren: „Noch ein Thema der deutschen Geschichte, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen!“ Aber es geht eben nicht nur um die Vergangenheit. Die massiven Nachwirkungen kolonialrassistischer Gewalt und Herrschaft sind bis heute zu spüren, sowohl in den ehemals kolonisierten als auch den kolonisierenden Ländern. Eine breite gesellschaftliche Bewusstwerdung über – historisch gewachsene – globale Machthierarchien, über strukturelle Ausbeutungsverhältnisse und kolonial geprägte Denkweisen in der weißen Mehrheitsgesellschaft ist dringend notwendig. Das hat kürzlich beispielsweise der neue Lagebericht „Rassismus in Deutschland“ gezeigt. Es geht darum, von Rassismus betroffenen Menschen zuzuhören, sich mit der eigenen Geschichte und der eigenen gesellschaftlichen Position kritisch auseinanderzusetzen, um tiefsitzende rassistische Blickmuster und Machtverhältnisse freizulegen und sie effektiv bekämpfen zu können – auf den unterschiedlichsten Ebenen von Gesellschaft, Politik, Kultur und Bildung. Dazu gibt es zum Glück immer mehr Ansätze, maßgeblich vorangetrieben von People of Color, Aktivist:innen und zivilgesellschaftlichen Initiativen. Auch an der Akademie widmen wir uns verstärkt post- bzw. dekolonialen Fragen. Schon bei den jährlich stattfindenden „Afrikagesprächen“ des Fachbereichs Internationale Beziehungen im Dezember wurde breit und vielstimmig über das koloniale Erbe diskutiert, mit welchem zum Beispiel Schwarze Deutsche tagtäglich konfrontiert werden. Im März veranstalten wir im Fachbereich Geschichte zusammen mit zivilgesellschaftlichen und universitären Partner:innen eine Vernetzungstagung zu kolonialer Geschichte und Gegenwart in Baden-Württemberg (Anmeldung noch bis 23.2. möglich) sowie ein begleitendes Filmgespräch. Und für September planen wir eine Studienwoche zu theologischen und postkolonialen Perspektiven auf Erinnerungskulturen und unsere Verstrickung in neokoloniale Ausbeutungsverhältnisse. Die Rolle der Kirchen im Kolonialismus steht erst am Anfang der Aufarbeitung – auch damit werden wir uns in Zukunft sicher immer wieder beschäftigen. Diskutieren Sie mit! Herzlichst, Ihr ![]() Johannes Kuber, Fachbereichsleiter Geschichte |
Inhalt
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Die nächsten Veranstaltungen
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07.03.2023 – 09.03.2023, Stuttgart-Hohenheim
Endlich lebenEndlich leben! Das mag die Aufforderung sein, sein Leben lebendiger und freudiger zu gestalten. Es weist aber auch darauf hin, dass jedes menschliche Leben endlich ist, ein Ende hat. Wie kann beides zusammengedacht und -gelebt werden? |
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10.03.2023, Stuttgart-Hohenheim
„If Objects Could Speak” – Eine Reise auf der Suche nach AntwortenWoher kommen die afrikanischen Kultur- und Kunstgegenstände in europäischen Museen? Mit einem mysteriösen Objekt aus dem Stuttgarter Lindenmuseum gehen Elena Schilling und Saitabao Kaiyare in Kenia auf die Suche. |
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10.03.2023 – 12.03.2023, Stuttgart-Hohenheim
Baden-Württemberg (post-)kolonialEine wachsende Zahl lokaler Initiativen und wissenschaftlicher Institutionen widmet sich der Erforschung und der Sichtbarmachung kolonialer Strukturen im Land. Unser Workshop will der Vernetzung dienen und den Akteur:innen weitere Impulse geben. |
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12.03.2023 – 13.03.2023, Stuttgart-Hohenheim
Kunst einsetzen: KörperZeichenIn der Pandemie ist die Bedeutung der Körpersprache neu ins Bewusstsein gedrungen. Welches innovative Potenzial zeigen künstlerische Ausdrucksformen heute? Was ist neu in persönlichem Verhalten - und bei Gottesdiensten? |
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17.03.2023 – 19.03.2023, Stuttgart-Hohenheim
Herausforderung FriedenWie bewähren sich hergebrachte friedensethische und friedens-pädagogische Entwürfe aus Christentum und Islam angesichts aktueller Infragestellungen? Was können die Theologien einbringen ins Gespräch mit Nachbardisziplinen? |
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22.03.2023, Stuttgart-Hohenheim
Gaming bildet?!Mit digitalen Spielen, eingetaucht in virtuelle Welten, lassen sich Kompetenzen erwerben, die im schulischen Bildungsbereich sonst mühsam erlernt werden müssen – unter anderem Sprachkenntnisse, Geschichtswissen und Sozialverhalten. |
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30.03.2023 – 31.03.2023, Stuttgart-Hohenheim
Art, Aesthetics and Islamic MysticismDer Sufismus, die islamische Mystik, hat in westlichen Gesellschaften Rezeptionen und Veränderungen erfahren. Neben traditionellen Kunstformen praktizieren Sufis heute auch neue: in Musik, Architektur, Performance. Internationale Online-Tagung in englischer Sprache. |
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26.04.2023, Stuttgart-Hohenheim
Alle inklusive?!Mobilität ist zwar Menschenrecht und Schlüssel zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, aber im Alltag werden Menschen mit Behinderung oft von Barrieren ausgebremst. Wie ginge es anders? Wie kann barrierefreie Mobilität aussehen? |
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08.05.2023, Stuttgart-Hohenheim
Dammbruch der KI?Künstliche Intelligenz ist mit dem textbasierten Dialogsystem ChatGPT einer breiten Öffentlichkeit zugänglich geworden. Ohne diesen „gesellschaftsverändernden Durchbruch“ (Sascha Lobo) aufhalten zu wollen: Wie gestalten wir ihn angemessen? |
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Aktuelles
KUNST-RAUM-AKADEMIE: Besuchen Sie unsere aktuellen Ausstellungen!
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![]() Das Verhältnis der DingeKarl Vollmer |