Liebe Leserin, lieber Leser,in Sachen Migrations- und Integrationspolitik ist der Koalitionsvertrag der Bundesregierung ein Hoffnungsanker. Die Proklamation eines „Neuanfangs“ kommt genau richtig. Denn mehr als 70 Jahre nach Annahme der Genfer Flüchtlingskonvention sind die Aussichten auf eine am Menschen orientierte Migrationspolitik düster. Die illegale Zurückweisung von Flüchtlingen gehört zunehmend auch zum migrationspolitischen Instrumentarium von Mitgliedstaaten der EU. Wo die Legalisierung so genannter Pushbacks, auch auf europäischer Ebene, vorangetrieben wird und damit das Herzstück der Konvention, also der Grundsatz der Nichtzurückweisung, aufgeweicht wird, droht der Schutz von Menschen vom Rechtsanspruch zum Gnadenakt degradiert zu werden. Wo Menschen beim Familiennachzug für subsidiär Geschützte hinter „Kontingenten“ und in „Anker“-Zentren verschwinden, wo – wie im Fall vieler AfghanInnen nach der Machtübernahme der Taliban – bürokratische Absurditäten den Schutz von Menschen behindern, gehen die Menschenrechte, die Mit-Menschlichkeit verloren. Die Glaubwürdigkeit Europas steht auf dem Spiel Die Ampel-Regierung hat viele Versprechungen im Koalitionsvertrag verankert. Erleichterungen beim Familiennachzug, Verbesserungen beim Bleiberecht sowie die Abschaffung von Arbeitsverboten für bereits in Deutschland Lebende – all das gilt es, schnell mit Leben zu füllen. Diese und andere aktuelle Fragen werden bei den Hohenheimer Tagen zum Migrationsrecht Ende Januar unter dem Titel „Einwanderungsland Deutschland – Perspektiven nach der Bundestagswahl“ beleuchtet. Es wird sich zeigen, ob und wie die Bundesregierung den angekündigten „Paradigmenwechsel“ in die Realität umsetzt. Doch die großen Fragen des Flüchtlingsschutzes werden in Europa entschieden. Die Glaubwürdigkeit der EU als internationaler Menschenrechtsakteurin zeigt sich an ihrer Asylpolitik. Wer die eigenen Prinzipien verletzt, schadet auch sich selbst, wie die USA infolge schwerer Menschenrechtsverletzungen an Orten wie Guantánamo oder Abu Ghraib erfahren haben. Europa steht vor der Wahl, entweder seinen Ansprüchen gerecht zu werden oder in die Geschichtsbücher einzugehen – als ein Akteur, der beitrug, eine der wichtigsten politischen Errungenschaften, das internationale Menschenrechtsregime in seiner heutigen Form, zu beerdigen. Herzlichst, Ihre ![]()
Dr. Konstanze Jüngling, |
Inhalt
|
Die nächsten Veranstaltungen
![]() |
05.02.2022 – 06.02.2022
Online: Die jüdische Familie in der Frühen NeuzeitDie Untersuchung der sozialen Institution Familie bietet Anknüpfungspunkte an nahezu alle Bereiche der Gesellschaft. Die interdisziplinäre Tagung widmet sich jüdischen Familienbeziehungen in der Frühen Neuzeit unter anderem aus rechtlicher und ökonomischer, aber auch politischer und religiöser Perspektive. |
|
![]() |
06.03.2022, Rupert-Mayer-Haus, Stuttgart
Juditha triumphansDas lateinische Oratorium nimmt die alttestamentarische Geschichte von Judith und Holofernes zum Thema. Die Rettung des israelitischen Volkes durch Judith impliziert auch die Frage, unter welchen Umständen ein politisch motivierter Übergriff befürwortet werden kann. Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Stuttgarter Oper |
|
![]() |
14.03.2022 – 15.03.2022
Online: Islamismus in Deutschland – Quo Vadis?Die Tagung möchte mit einer Bestandsaufnahme Orientierung in die Diskussion um den Islamismus in Deutschland bringen. Wie unterscheiden sich verschiedene Formen des Islamismus – legalistisch, salafistisch oder dschihadistisch? Welche sind die wichtigsten islamistischen AkteurInnen in Deutschland? |
|
![]() |
16.03.2022
Online: Gemeinsam digitalAlle Menschen brauchen Zugang zu den digitalen Entwicklungen. Wie müssen etwa SeniorInnen, Menschen mit Behinderung oder MigrantInnen gestärkt werden, um eine inklusive digitale Welt in die Realität umzusetzen? Wir diskutieren die Hürden und stellen medienpädagogische Lösungsansätze vor. |
|
![]() |
31.03.2022
Online: Von Adam, Evolution und den Gewohnheiten AllahsEine vermeintlich planlose Evolution fordert jede Religion heraus, die einen Schöpfer annimmt. Auch der Islam ringt um eine angemessene Verhältnisbestimmung, die sowohl den Koran als auch die Naturwissenschaften ernst nimmt. Der Abendvortrag führt in die islambezogene Evolutionsdebatte ein. |
|
Aktuelles
Publikationen
![]() |
Oberschwaben – Forschungen zu Landschaft, Geschichte und Kultur Zwischen Mittelalter und ReformationReligiöses Leben in Oberschwaben um 1500 Hrsg.: Prof. Dr. Sigrid Hirbodian/Prof. Dr. Sabine Holtz/Dr. Petra Steymans-Kurz Kohlhammer Verlagsgruppe Stuttgart, 2021 , 348 Seiten |
|
|