Gelebte Ökumene in Stuttgart

Kultur öffnet die Türen und die Herzen: Der Erste Belgrader Gesangverein war bei seinem Konzert in der Domkirche Sankt Eberhard in Stuttgart ein hervorragender Botschafter der orthodoxen Christen aus Serbien.

Es war nicht nur eine Premiere für den berühmtesten serbischen Chor, der erstmals nach mehr als 100 Jahren wieder in Deutschland gastierte. Es war auch  eine Premiere gelebter Ökumene: Denn der Chor wurde begleitet von Bischof Dr. Irinej Bulovic (Novi Sad) und  Bischof Dr. Sergije Karanovic  (Frankfurt) sowie seinem Stuttgarter Amtsbruder, dem evangelischen Landesbischof Dr. h.c. Frank Otfried July.

Möglich gemacht hat diese ungewöhnliche Begegnung ein bundesweit einmaliges Projekt der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart: Unter dem Titel „Schatz des Orients“ hat der Projektleiter Dr. Vladimir Latinovic orthodoxe und altorientalische Gemeinden, die - von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt  - in Baden-Württemberg eine neue Heimat gefunden haben, zu einem ersten gemeinsamen Austausch zusammengebracht. In dezentralen Kulturveranstaltungen und einem hochkarätig besetzten zweitägigen Kongress im Tagungszentrum in der Akademie in Stuttgart-Hohenheim sollen auch die deutschen Mitbürger einen Eindruck dieser Gemeinden, ihrer Kultur und ihrer Religion bekommen.

Das Interesse daran besteht, das bewiesen die vielen Zuhörer beim Konzert des Ersten Belgrader Gesangvereins. Noch größer aber war die Begeisterung über die – bis auf zwei Stücke von Johann Sebastian Bach – unbekannte Musik des serbischen Chores. Unter Leitung ihrer Dirigentin Svetlana Vilic präsentierte sich der Chor stimmgewaltig, aber auch von berührender Innigkeit. Mit besonders schönen Stimmen glänzten die Sopranistin Maja Tomasevic und der kraftvolle Bassist Djordje Tomic. Die Ankündigung, dass er künftig auch an der Stuttgarter Staatsoper zu hören sein wird, quittierte der ungewöhnlich das Publikum mit großem Beifall. Die Stücke serbischer Komponisten brachten den Stuttgartern nicht nur die hohe Gesangskultur des Landes nahe. Dusan Vilics Orgelspiel  zeugte auch vom Erfolg der serbischen Christen, dieses Instrument für die Kirchenmusik am Leben zu erhalten, denn Orgeln gibt es in Orthodoxen Kirchen nicht. Die Zuhörer bedankten sich mit Beifall im Stehen für die große musikalische Leistung.

Abgerundet wurde  der ungewöhnliche Abend in Sankt Eberhard durch eine nicht minder ungewöhnliche Ehrung. Bischof Irinej Bulovic überreichte dem Pfarrer und Experten der württembergischen Landeskirche für die orthodoxen Kirchen in Osteuropa, Professor h.c. Manfred Wagner, den Salva-Orden - die höchste Auszeichnung der Serbischen Orthodoxen Kirche. Damit wurde  sein  langjähriges Engagement und die vielfältige Aufbauhilfe für die serbischen Christen gewürdigt. 

(Barbara Thurner-Fromm)