Verleihung des Aleksandr-Men-Preises im Jahr 2004

Daniil A. Granin

Auszug aus der Begrüßung

Dr. Abraham P. Kustermann

Es gibt Momente, die von sich aus fast überwältigende Dignität in sich tragen. Ich empfinde die zehnte Verleihung des Aleksandr-Men-Preises als solchen. Seien Sie für Ihr Kommen – aus Russland, aus Deutschland – herzlich bedankt. Bedankt dafür, dass Sie Vater Aleksandr Men, dem ob seiner christlichen und humanistischen Initiativen Gemordeten, die Ehre geben.
Zehnte Verleihung des Aleksandr-Men-Preises!
Es gibt Initiativen – auch viele gut gemeinte –, die es so weit nicht bringen. Wir dürfen dankbar sein (vielleicht auch ein bisschen stolz), dass der AleksandrMen-Preis in zehn Jahren einen guten Weg genommen hat. Er ist keineswegs nur gut gemeinte Initiative geblieben, sondern hat Gewicht entwickelt, er hat Ansehen gewonnen, er erfährt Aufmerksamkeit, in Russland wie in Deutschland. Und nichts hindert, ihm eine ausbaufähige Zukunft zuzutrauen.
Seit zehn Jahren erinnern er und der Akt seiner Verleihung an den am 9. September 1990 unter bis heute ungeklärten Umständen ermordeten russischorthodoxen Erzpriester Aleksandr Men. Er wird jährlich an eine Person (oder Gruppe oder Institution) verliehen, die sich um die interkulturelle Vermittlung zwischen Russland und Deutschland im Interesse des friedlichen und humanen Aufbaus des Europäischen Hauses verdient gemacht haben. Gemeinsam getragen wird er von der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Stuttgart/ Weingarten, der Allrussischen Bibliothek für Ausländische Literatur, Moskau (in Verbindung mit dem Kreis der Freunde von Aleksandr Men), der Europäischen Akademie für Zivilgesellschaft, Moskau, dem Institut für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde der Universität Tübingen und der Zeitschrift für Ausländische Literatur, Moskau.
Mit dem Namen von Aleksandr Men verbinden sich über den Preis seither die Namen von neun Preisträgern, die hier genannt werden dürfen
• mit Verneigung vor ihren auszeichnungswürdigen Verdiensten und
• in Dankbarkeit für die Prägungen, die sie dem Aleksandr-Men-Preis verliehen haben:
1995    Dr. Kathinka Dittrich van Weringh, vormals Direktorin des Moskauer Goethe-Instituts
1996    Lew Kopelew (†), Schriftsteller
1997    Prof. Dr. Wolfgang Kasack (†), Slawist
1998    Tschingis Aitmatow, Schriftsteller, Botschafter seines Landes Kirgisien in Brüssel
1999    Gerd Ruge, Schriftsteller und Fernseh-Journalist
2000    Michail S. Gorbatschow, Staatspräsident a. D.
2001    Dr. Otto Graf Lambsdorff, Bundesminister a. D.
2002    Professor Anatoli I. Pristawkin, Schriftsteller und Berater des Präsidenten der Russischen Föderation
2003    Dr. Alexander Steininger, Publizist, langjähriger Herausgeber der Zeitschrift OSTEUROPA (...)
Und nun sehr herzlich willkommen in Stuttgart, verehrter Daniil Alexandrowitsch Granin, und sehr herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Auszeichnung mit dem Aleksandr-Men-Preis 2004!
(...) Die Suggestion des zehnten Mals ließ uns nicht nur auf der Oberfläche des „großen“ Flusses zurückdenken, sondern noch den Verästelungen weit davor. Dabei spielte das Jahr 1990 eine besondere Rolle und der Ort Weingarten. Weshalb, wird sich heute Abend noch einlässlich erschließen, zusammen mit den Gründen, die uns die heutige Ehrung geradezu zur Pflicht machten. In der Zeit unmittelbar danach, 1991/1992, schrieb Daniil Alexandrowitsch – teilweise wieder in Weingarten – sein Buch fertig „Die verlorene Barmherzigkeit“ (so der deutsche Titel 1993). Auf dessen letzter Seite setzt er sich mit dem alten Komsomolzen-Zynismus auseinander, das Gute müsse mit Fäusten und Gegenschlägen durchgesetzt werden. Seine Antwort: „Nein, das Gute, das mit Fäusten vorgeht, bringt nichts Gutes hervor. Das Gute ist schon Kraft genug, wenigstens aus dem Grund, dass es das Bewusstsein der Gerechtigkeit schafft.“ – Dieser Satz könnte so auch von Aleksandr Men gesagt sein, den allerdings Fäuste trafen, die seinen Tod wollten. Wir dürfen ihn trotzdem gerne bei Daniil Alexandrowitsch Granin lassen, weil er zwei Brüder im selben Geist verbindet, bleibend bis heute.


Es gilt das gesprochene Wort!

Programm

Begrüßung
Dr. Abraham Peter Kustermann,
Akademiedirektor


Grußwort
Bischof Dr. Gebhard Fürst,
Diözese Rottenburg-Stuttgart


Grußwort
Dr. Ekaterina U. Geniewa,
Generaldirektorin der Allrussischen Bibliothek für Ausländische Literatur, Moskau


Grußwort
Boris N. Chlebnikow (vertreten durch Elena Lerman),
Vizepräsident der Europäischen Akademie für Zivilgesellschaft, Moskau, sowie für die Zeitschrift für Ausländische Literatur, Moskau


Laudatio
Friedrich Hitzer,
Schriftsteller – Übersetzer, Wolfratshausen (Übersetzer von D. A. Granin)


Preisverleihung
Prof. Dr. Günther Bien,
Vorsitzender des Kuratoriums der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart


Dankesworte des Preisträgers
Daniil A. Granin,
Schriftsteller, Sankt Petersburg



Weitere Informationen zu Daniil A. Granin auf Wikipedia