Verleihung des Aleksandr-Men-Preises im Jahr 1996

Lew Kopelew

Worte zur Preisverleihung

Prof. Dr. Günter Bien

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

als Erzpriester Aleksandr Men 1990 im Tagungshaus Weingarten der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart zusammen mit zahlreichen Schriftstellern aus der damaligen Sowjetunion und Deutschland zu einem Literatur-Symposion zusammengekommen war, sagte er in seiner Rede über die Verantwortung der Kulturschaffenden für die Verständigung unter den Völkern:

"Die Kulturschaffenden habe eine große Verantwortung bei der Vermittlung ihres eigenen Beitrags zur künftigen Ökumene der Kulturen. Das betrifft Schriftsteller, Philosophen, Theologen und Pädagogen."

Es geht um "die wunderbare Vielfalt der Menschen, die großartige Mannigfaltigkeit der Sprachen, Temperamente, Kulturen und Geschichten, die die Schönheit des Lebens erschaffen". (Wechselbekenntnisse, Hohenheimer Protokolle Bd. 39, 1992, S. 174) Soweit das Zitat. Dass diese kulturelle Vielfalt nicht "Anlass für Konfrontationen" (ebd.) werde, sondern zu einer Ökumene der Kulturschaffenden führe, das war der leidenschaftliche Appell von Erzpriester Aleksandr Men.

Diese seine Worte geben der heutigen Preisverleihung und dem Aleksandr-Men-Preis das Leitmotiv: "Für die Ökumene der Kulturschaffenden". Die verschiedenen kulturellen Einrichtungen aus Russland und Deutschland, die diesen Preis stiften und tragen, möchten mit der jährlichen Preisverleihung die Begegnung und das gegenseitige Verstehen der Kulturen und der Kulturschaffenden fördern.

Dass Aleksandr Men zu den Kulturschaffenden auch ganz selbstverständlich Männer und Frauen der Religionen zählt, ist für die katholische Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart eine besondere Verpflichtung.

Aleksandr Men war von der Sorge erfüllt, dass die verschiedenen, in unserer kleiner gewordenen Welt sich immer näher rückenden Kulturen einander feindlich gegenüberstehen könnten. Der nach ihm benannte Preis wird deshalb jeweils "an eine Person verliehen, die sich um die interkulturelle Vermittlung zwischen Russland und Deutschland im Interesse des friedlichen und humanen Aufbaus des Europäischen Hauses verdient gemacht hat." (Statut des Aleksandr-Men-Preises).

Dass die Fremdheiten der Kulturen nicht zu Feindseligkeiten führen, sondern zur gegenseitigen Bereicherung werden, dazu bedarf es solcher Menschen wie Lew Kopelew. Die Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart, die Zeitschrift für Ausländische Literatur, Moskau, die Bibliothek für Ausländische Literatur, Moskau, der Freundeskreis Aleksandr Men, Moskau, und das Institut für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde der Universität Tübingen, verleihen dem Schriftsteller Prof. Dr. Lew Kopelew in Anbetracht seiner großen Verdienste um die Begegnung der Kulturen Russlands und Deutschlands den Aleksandr-Men-Preis 1996.

Sehr geehrter Herr Kopelew, ich beglückwünsche Sie im Namen aller Anwesenden zu dieser Preisverleihung. Ich darf Ihnen nun die Urkunde übergeben.


Es gilt das gesprochene Wort!

Programm

Grußwort
Roman Herzog,
Bundespräsident

Grußwort
Ekateria U. Genieva,
Moskau

Grußwort
Alexei Slovesnyi,
Moskau

Laudatio
Fritz Pleitgen,
Köln

Preisverleihung
Prof. Dr. Günter Bien,
Stuttgart

Dankesworte
Lew Kopelew

Artikel Südwest Presse

Biografie des Preisträgers

Buchpublikationen in der BRD

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